Etwa 500.000 Jungaale mit einem Gesamtgewicht von 3,2 Tonnen haben in diesen Tagen ihre neue Heimat in den Gewässern des Ruppiner und Fürstenberger Seengebietes gefunden. Mit einem Spezial-Lastwagen wurden die Aale aus einer Farm in Niedersachsen nach Brandenburg gebracht und mit Unterstützung heimischer Fischer:innen und Angler:innen ausgesetzt.
Wie der Landesfischereiverband Brandenburg/Berlin e.V. mitteilt, ist dies die dritte Charge von mehreren Lieferungen, die im Zeitraum von August bis November erfolgen. Insgesamt werden in diesem Jahr rund 10 Millionen Jungaale im brandenburgischen Teil des Elbe-Einzugsgebietes ausgesetzt. Alle Besatzgewässer haben einen freien Zugang zum Elbeeinzugsgebiet, sodass die Aale nach Erreichen der Laichreife als sogenannte Blankaale abwandern können.
Hintergrund ist das “Pilotprojekt zur Förderung des Europäischen Aalbestandes im Elbeeinzugsgebiet des Landes Brandenburg“, mit dem Brandenburgs Fischer:innen und Angler:innen seit 19 Jahren den Aalbestand durch koordinierte und wissenschaftlich begleitete Besatzmaßnahmen unterstützen. Im Rahmen dieses Projekts wurden bereits über 110 Millionen Aale ausgesetzt. Es ist das umfangreichste Aalbesatzprojekt Europas und leistet einen wesentlichen Beitrag zur Erfüllung der Besatzziele des Aalmanagementplans für das gesamte Elbeeinzugsgebiet.
Nach Angaben des Landesfischereiverbandes Brandenburg/Berlin e.V. ist das Wiederauffüllungsprogramm dank der großen Unterstützung der EU und des Landes Brandenburg ein voller Erfolg. Der Aalbestand in den heimischen Gewässern sei dadurch deutlich angestiegen, was sich in den kommenden Jahren in einer erhöhten Abwanderungszahl widerspiegeln wird.
Nach Einschätzung von Wissenschaftlern des projektbegleitenden Instituts für Binnenfischerei e. V. Potsdam-Sacrow werden die Abwanderungsziele der EU-Aal-Verordnung und des Aalmanagementplans für das Elbeeinzugsgebiet in den nächsten drei Jahren erreicht. Das Ziel besteht darin, dass mindestens 40 Prozent der Aale nach einem 8- bis 15-jährigen Leben im Binnenwasser die Rückwanderung in ihr Laichgebiet antreten und so erfolgreich zur Reproduktion des europäischen Aalbestandes beitragen. Besatz bleibt dabei die effektivste Maßnahme zur Wiederauffüllung des europäischen Aalbestandes. Der seit 2011 zu verzeichnende Anstieg der Glasaalfänge an den europäischen Küsten spricht für eine Erholung des Aalbestandes und den Erfolg europaweit durchgeführter Besatzmaßnahmen, so der Landesfischereiverband.
Bislang wurden im Land Brandenburg ca. 16 Millionen Euro in die Wiederauffüllung des europäischen Aalbestandes durch Besatz investiert. 80 Prozent der Besatzkosten werden aus EU- und Landesmitteln gefördert. Die übrigen 20 Prozent haben Fischer:innen und Angler:innen aus privaten Mitteln aufgebracht. An dem Projekt beteiligen sich über 80 Fischereibetriebe und der Landesanglerverband Brandenburg e.V..
Zum Verständnis: Europäische Aale sind Wanderfische zwischen dem Atlantik und den europäischen Binnen- bzw. Küstengewässern. Ihr Laichplatz liegt nach derzeitigen Kenntnissen in der Sagrassosee, unweit von Kuba. Von dort werden die Larven bzw. jungen Aale durch den Golfstrom Richtung Europa getrieben. Aufgrund der von Menschen veränderten Umweltbedingungen, beispielsweise durch den Bau von Wehren und Kraftwerken, ist ein natürlicher Aalaufstieg in die europäischen Süßgewässer, wie Flüsse und Seen, meist nicht mehr möglich. Fischwanderhilfen, wie die so genannten "Fischtreppen", sind zur Überwindung dieser Barrieren leider häufig gar nicht vorhanden oder in ihrer Wirkung unzureichend. Deshalb ist die einzige Alternative der Aalbesatz: Die jungen Aale werden an den Küsten Frankreichs oder Englands gefangen und dann entweder direkt als so genannte "Glasaale" in den Flüssen und Seen ausgesetzt oder zuvor erst noch in Fischzuchtanlagen bzw. Farmen zu etwas größeren und damit zu widerstandsfähigeren Aalen aufgezogen.
Letztere Vorgehensweise wurde auch bei der aktuellen Aalbesatz-Aktion in unserer Region angewandt. Dadurch sind jetzt rund 3 Tonnen schon etwas größere Jungaale unter anderem im Ruppiner See, im Braminsee bei Rheinberg, im Gudelacksee bei Lindow (Mark) sowie im Bützsee bei Alt Friesack ausgesetzt worden. Wenn alles optimal läuft, werden einige der jetzt freigelassenen Aale in ein paar Jahren, wenn diese die Laichreife erreicht haben, ihre lange Wanderung zurück an den "Geburtsort" in der Sagrassosee antreten, um dort zu laichen und danach zu sterben. Die Geschichte von der Reise der Aale kann wieder von vorne beginnen.