Sprungziele
Seiteninhalt

Themen der Woche: Mobilität

26.09.2023

Auf elektrischer Probefahrt

Unterwegs im Elektrobus von Neuruppin nach Wildberg

Ein Elektrobus der ORP auf der Fahrt nach Wildberg, hier aufgenommen vor der Kreisverwaltung in der Neustädter Straße in Neuruppin. Es handelt sich um ein Vorführfahrzeug, das auch beim Landkreis-Jubiläumsfest ausgestellt wurde. © LK OPR
Ein Elektrobus der ORP auf der Fahrt nach Wildberg, hier aufgenommen vor der Kreisverwaltung in der Neustädter Straße in Neuruppin. Es handelt sich um ein Vorführfahrzeug, das auch beim Landkreis-Jubiläumsfest ausgestellt wurde. © LK OPR

Zwei Tage zuvor, beim großen Jubiläumsfest des Landkreises an der Neuruppiner Kulturkirche war er noch Ausstellungs- und Schauobjekt gewesen, der von der Ostprignitz-Ruppiner Personennahverkehrsgesellschaft (ORP) präsentierte Elektrobus. Am vergangenen Freitag durfte das Vorführfahrzeug, das sich für ein paar Tage bei der ORP vorstellen durfte, dann aber auf Tour gehen, ganz offiziell bei einer Fahrt der Linie 759. Das ist die Linie von Neuruppin nach Wildberg und wieder zurück. Den wenigsten Fahrgästen, die an diesem Morgen einsteigen, dürfte aber wirklich bewusst gewesen sein, dass sie gerade in einem Bus mit Elektroantrieb sitzen. Denn die meisten Fahrgeräusche unterscheiden sich nur unwesentlich von denen eines herkömmlichen "Verbrenners". Obwohl: das Anfahren geht merklich geräuschärmer vonstatten. "Hören Sie, jetzt, das ist elektrisches Fahren", merkt Ulrich Steffen an und meint damit das so genannte "Segeln". So wird das genannt, wenn der Bus auf einer Gefällestrecke fast ohne Motorantrieb dahingleitet und damit Energie einspart. Beim Bremsen fließt dagegen Energie zurück in den Batteriespeicher, die so genannte Rekuperation.

Für den Geschäftsführer der ORP ist die morgendliche Fahrt im Elektrobus der Linie 759 auch so was wie eine Reise in die nicht ganz so ferne Zukunft. Ab dem Jahr 2025 sollen im Raum Wittstock/Dosse insgesamt zehn Busse mit Elektroantrieb bei der ORP im regelmäßigen Einsatz sein. Zunächst im gemischten Betrieb zusammen mit den dieselbetriebenen Bussen auf den Wittstocker Linien 740 bis 748, in der Ferienzeit dann sogar 100 Prozent elektrisch. "Wir wollen in Wittstock den ersten Schritt machen, neue Erfahrungen sammeln und Dinge ausprobieren. Das wird ein offener Entwicklungsprozess sein", erklärt Ulrich Steffen, der insgesamt über 100 Linienbusse im ORP-Fuhrpark stehen hat. "So etwas geht nicht von heute auf morgen. Die neue Technologie muss sich im Arbeitseinsatz erst mal bewähren und wir müssen sie kennen lernen, danach sind wir schlauer. Auch die Lade-Infrastruktur ist ein wichtiges Thema", so der ORP-Chef. Nachgedacht wird unter anderem über ein intelligentes, bidirektionales Ladesystem, bei dem die in der Nacht im Wittstocker Depot abgestellten Busse mit ihren jeweils bis zu 480 kWh großen Batterien auch Energie bei großer Stromnachfrage an das Stromnetz abgeben könnten. Für diesen "Speicherservice" könnte es dann den Strom beispielsweise günstiger geben. 

Die Elektrotechnik im Heck benötigt relativ wenig Raum. Dadurch gibt es mehr Platz für die Fahrgäste gerade im hinteren Bereich des Elektrobusses. © LK OPR
Die Elektrotechnik im Heck benötigt relativ wenig Raum. Dadurch gibt es mehr Platz für die Fahrgäste gerade im hinteren Bereich des Elektrobusses. © LK OPR

Die Batterien der Busse sind, anders als bei den gängigen Elektroautos, auf dem Dach versteckt. Unter dem Fahrzeug hätten sie aufgrund der Niederflurtechnik mit besonders tiefliegenden Böden keinen Platz. Die Antriebseinheit, der Elektromotor, sitzt hinten im Fahrzeug und benötigt insgesamt weniger Raum als ein Dieselmotor mit all seinen Anbauteilen. Ulrich Steffen: "Dadurch haben die Fahrgäste im Endeffekt mehr Platz. Im hinteren Bereich sind drei bis fünf Sitzplätze mehr möglich als in herkömmlichen Bussen." Den größten Vorteil der Busse sieht Steffen aber ganz klar im Bereich der Nachhaltigkeit: "Auch wer jetzt schon Bus fährt und das Auto stehen lässt, leistet einen Beitrag zu mehr Klimaschutz. Seit Juli dieses Jahres tanken unsere Busse am Standort Wittstock HVO 100. Dieser Kraftstoff soll dann nach erfolgreicher Einführung auch an unseren Standorten in Kyritz und in Neuruppin zum Einsatz kommen. HVO 100 ist ein äußerst hochwertiger und klimafreundlicher Hochleistungskraftstoff für Dieselmotoren. Im Gegensatz zu fossilem Dieselkraftstoff wird HVO 100 aus erneuerbaren Quellen gewonnen und ist damit weitgehend klimaneutral." 

Darüber hinaus, so Ulrich Steffen, werde das Fahrpersonal auf die neuen Elektrobusse intensiv vorbereitet, da es bei Fahrzeugen mit Elektroantrieb noch mehr auf eine energiesparende und vorausschauende Fahrweise ankommt. Die immer wieder geäußerte Sorge, dass Fahrgäste der ORP künftig mit leerer Batterie irgendwo in der Landschaft liegen bleiben könnten, ist jedenfalls unbegründet. Mit voller Ladung und bei günstigen Bedingungen ist im Stadtverkehr eine Reichweite von immerhin bis zu 350 Kilometern möglich. Mit entsprechender Schnellladetechnik an Bord lässt sich der Energiespeicher auch rasch wieder auffüllen. 

Auf der ORP-Linie 759 bleibt das aber vorerst noch Zukunftsmusik. Dort werden wieder Busse mit herkömmlichem Dieselantrieb die Fahrgäste zwischen Neuruppin und Wildberg befördern. Der Elektrobus als kurzer Gastspieler hat inzwischen seine Heimreise zum Hersteller wieder angetreten - Rückkehr nicht ausgeschlossen. 

ORP-Geschäftsführer Ulrich Steffen neben einem Elektrobus, der vom Hersteller zur Verfügung gestellt wurde. Ab 2025 sollen zehn elektrisch betriebene Busse im Raum Wittstock/Dosse regelmäßig zum Einsatz kommen. © LK OPR
ORP-Geschäftsführer Ulrich Steffen neben einem Elektrobus, der vom Hersteller zur Verfügung gestellt wurde. Ab 2025 sollen zehn elektrisch betriebene Busse im Raum Wittstock/Dosse regelmäßig zum Einsatz kommen. © LK OPR


Seite zurück Nach oben