Naturdenkmale in Ostprignitz-Ruppin
Wenn Bäume Geschichten erzählen
Hätten Sie gewusst, dass es im Landkreis Ostprignitz-Ruppin derzeit 270 Naturdenkmale gibt, davon 263 Bäume, 6 Alleen und sogar einen Park? Oft haben die stolzen Baumriesen unter den Naturdenkmalen schon einige hundert Jahre auf dem Buckel. Wenn diese zu uns sprechen könnten, wüssten sie sicherlich jede Menge zu erzählen. Vielleicht von grandiosen Liebesgeschichten, Kriegen und anderen historischen Ereignissen, von kleinen und großen Dramen. Nicht nur aus diesen Grund stehen Naturdenkmale unter besonderem Schutz, wie die zuständige Sachbearbeiterin im Bau- und Umweltamt, Anke Dietze, erklärt. Die gesetzliche Grundlage bildet der Paragraf 28 im Bundesnaturschutzgesetz. Danach sind Naturdenkmäler Einzelschöpfungen der Natur oder Flächen bis zu 5 Hektar, deren besonderer Schutz aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen oder landeskundlichen Gründen oder wegen ihrer Seltenheit, Eigenart oder Schönheit erforderlich ist. Doch die Prägung des Begriffs "Naturdenkmal" für einen schutzwürdigen Teil der Natur reicht noch viel weiter zurück, genauer gesagt bis zu Alexander von Humboldt im Jahre 1817. Damals beschreibt von Humboldt als Forschungsreisender einen 192 Meter hohen Mimosenbaum in Venezuela, der von den Bewohnern des Landes verehrt wurde. Den ersten umfassenden rechtlichen Schutz erreichten die Naturdenkmale hierzulande in den 1930er Jahren. Zu Zeiten tief greifender Landschaftsveränderungen, der Technisierung der Landwirtschaft, Industrialisierung und Verstädterung, gab es noch keine Großschutzgebiete, in denen der Schutz der Natur vor wirtschaftlichen Interessen Vorrang hatte. So ging es in den Anfängen des Naturschutzes zunächst darum, einzelne außergewöhnliche Landschaftselemente zu bewahren. Als Beispiele lassen sich im Landkreis Ostprignitz-Ruppin unter anderem in Neuruppin die Friedenseiche am Kirchplatz sowie die Wiechmannlinde, die Grablinde auf dem Friedhof in Wustrau sowie die Gerichtslinden in Seebeck und Keller benennen. Es sind die beiden letzten noch existierenden Gerichtslinden im Landkreis. Sie werden auf 700 bis 1.000 Jahre geschätzt und zählen zu den ältesten Bäumen im Land Brandenburg. Aufgrund dieses hohen Alters und auch der unzähligen Eingriffe durch den Menschen und der Umwelt, sind sie sehr geschädigt, ihre Stämme sind hohl, zerklüftet und auseinander getrieben bzw. gebrochen. Weitere Ausweisungen als Naturdenkmale erfolgten in der DDR-Zeit und danach in den Jahren 2001 und 2006.
Über die Hälfte unserer Naturdenkmale sind Eichen und Linden. Weiterhin sind u. a. Exemplare von Platanen, Kastanien, Buchen, Mammut- und Lebensbäumen unter Schutz gestellt. Viele Bäume, meistens Eichen, wurden als Gedenkbäume gepflanzt, zum Beispiel im Angedenken an die Völkerschlacht bei Leipzig 1814 – daran erinnert die Friedenseiche auf dem Kyritzer Markt. Sehr wirkungsvoll präsentiert sich auch die Lindenallee, die zum Denkmal von Hakenberg führt. Sie wurde 1883 anlässlich der 200-Jahr-Feier der Schlacht bei Hakenberg angelegt.
Da es sich bei den Naturdenkmalen überwiegend um alte bis sehr alte Bäume handelt, bedürfen sie immer wieder einer aufwendigen Pflege. Die untere Naturschutzbehörde des Landkreises ist bemüht und gesetzlich verpflichtet, diese „Baumveteranen“ zu erhalten. So werden die Bäume regelmäßig von Anke Dietze kontrolliert. Wenn nötig, werden dann Maßnahmen eingeleitet, die zur Erhaltung des Baumes oder zur Wiederherstellung der Verkehrssicherheit erforderlich sind. Das kann eine Kronenpflege sein oder der Einbau einer Kronensicherung. Auch eine Kürzung der Baumkrone kann manchmal nötig werden. Im Vordergrund steht auf in jedem Fall der Erhalt des Naturdenkmals sowie die Zielsetzung, so wenig wie möglich in den Habitus des Baumes einzugreifen.
Manchmal, so berichtet Anke Dietze, kann aber durch eine einfache Sichtkontrolle nicht eingeschätzt werden, was dem Baum fehlt oder ob er noch verkehrssicher ist. Es können sich Höhlungen oder Pilzfruchtkörper in der Krone gebildet haben oder die Spitzendürre breitet sich aus. Dann wird ein Gutachten in Auftrag gegeben. Der Gutachter empfiehlt im Ergebnis eine oder auch mehrere Maßnahmen. Aufgrund dieses Gutachtens beauftragt die uNB eine Baumpflegefirma, die die Mängel beseitigt. Ein Beispiel: Im Neuruppiner Stadtteil Treskow befindet sich eine alte, abgestorbene Eiche. Auch diese wurde schon 1934 als Naturdenkmal unter besonderen Schutz gestellt. Der Baum hat keine Rinde mehr an Stamm und Ästen. Das Holz wird langsam immer morscher und es ist zu befürchten, dass sie auseinanderbricht. Sie steht an einem unbefestigten Weg und muss verkehrssicher sein. Um den Baum zu erhalten, soll eine Firma beauftragt werden, die Eiche durch Sicherungssysteme wieder verkehrssicher zu gestalten, damit diese weiter altern darf. Es kommt aber leider auch vor, dass Bäume umbrechen oder gefällt werden müssen. Dann erfolgt in einem Verfahren eine Löschung als Naturdenkmal, letztmalig geschehen in den Jahren 2003 und 2005. Aber es kommen auch neue Denkmale hinzu: In diesem Jahr will die untere Naturschutzbehörde acht Bäume unter besonderen Schutz stellen, damit diese auch nachfolgenden Generationen von ihren Erlebnissen berichten können.